Von der Unmöglichkeit, nach Wolken zu greifen.

Wenn es um Wolken geht, ist eins sicher: Es ist sehr schwer, sie zu greifen, und noch schwerer ist es, sie in einen Kasten zu stecken. Und doch scheint das genau das zu sein, was der international anerkannte argentinische Künstler tut.

Erlich ist ein Meister der optischen Täuschung. In seinem Werk finden sich doppelt belichtete Fotografien, die vorgebliche Räume voll lebender Toter darstellen. Oder man sieht einen Pool, durch den man waten kann, ohne nass zu werden, obwohl es scheint, als wäre man unter Wasser, wenn man das Foto von oben betrachtet. Und Batiment aus dem Jahr 2004 ist eine verspiegelte Reflexion, die es dem Betrachter gestattet, sich wie spielerisch auf Leben und Tod an der Seite eines städtischen Wohnhauses festzuhalten.

Tatsächlich sind Gebäude ein immer wiederkehrendes Motiv in den Werken des in Buenos Aires geborenen Künstlers, und während andere Kunstschaffende Wände bemalen, versetzen Erlichs übergrosse öffentliche Werke ganze Gebäudekomplexe in Bewegung: Es gibt Gebäude, die von ihren Wurzeln zerrissen werden, Häuser, die mit dem Boden verschmelzen oder daraus hervorwachsen und solche, die nur durch den Aufzug einer Möbelspedition in der Luft gehalten werden.

Wenn man an seine Vorliebe dafür denkt, Stahl- und Betonkonstruktionen durch die Lüfte segeln zu lassen, scheint es nur logisch, dass seine anderen Installationen das urtypischste Himmelsobjekt – eine Wolke – zurück auf die Erde holen wollen.

In seiner Arbeit The Cloud (2021), erschuf Erlich eine Serie von Glaskästen in der Grösse normaler Aquarien, die flaumige, weisse Wolken in ihrem Inneren zu halten scheinen. Diese Installationen bestehen aus fest installierten Elementen, aus digitaler Keramiktinte, geschichtetem Glas und LED-Lichtern, und doch scheinen sich die Wolken im Kasten wie von Zauberhand geleitet zu bewegen.

Mag sein, diese Wirkung entsteht durch die vorgetäuschte Dreidimensionalität, denn die Wolken haben optische Tiefe und es kommt einem vor, als könnte man seine Hand darin versinken lassen. Doch vielleicht ist es unser Gehirn, das uns da etwas vorgaukelt. Wie jedes Kind weiss, das Wolken am Himmel beobachtet, verharren Wolken nie lange an einem festen Platz, und was immer man in den treibenden Wolken sehen mag, sei es ein Tier, ein Gesicht oder eine Landkarte, eine Wolke verändert ihre Form von einer Sekunde auf die andere.

Darum ist es leicht, sich in Erlichs eingeschlossenen Wolken dieselbe Energie am Werk vorzustellen wie bei denen am Himmel, diese unbestimmte Bewegung und die ständige Verwandlung in neue Formen und Identitäten.

Von der Fotografie über öffentliche Arbeiten bis hin zu an bestimmte Orte gebundene Installationen, Erlichs Werk verändert und entwickelt sich unentwegt. Und es ist faszinierend zu denken, dass wenn ihm das Unmögliche gelingt, nämlich eine Wolke in einen Kasten zu bannen, er uns damit die schier endlosen Möglichkeiten zurückspielt, die in uns allen leben. Natürlich könnte man es auch die Weisheit der Wolke nennen.

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