Vermutlich war es ein Schweizer Söldner, der den ersten Safran ins Kanton Wallis brachte. Historiker sagen, der erste Bulbus des Crocus sativus L. sei im 14. Jahrhundert aus Spanien in die Schweiz gelangtund das höchstwahrscheinlich in der Tasche eines unternehmungslustigen Soldaten, dem es eher um Blumenzucht und weniger ums Kämpfen ging.
Der Anbau und vor allem die Wertschätzung von Safran in Europa lässt sich bis etwa ins Jahr 2‘000 vor der Zeitrechnung ins minoische Kreta zurückverfolgen, aber erst im späten Mittelalter des frühen letzten Jahrtausends fanden sich Spuren des violetten Krokus in Mund, einem kleinen Dorf an den steilen Hängen des Rhonetals, nicht weit entfernt vom berühmtesten Gipfels des Kantos – und des ganzen Landes.
Ebenso wie in der La Mancha oder im italienischen Apennin, aber auch in Marokko, in Kaschmir oder anderen ausgesuchten Orten, wo der Crocus sativus L. gedeiht, liegt Mund hoch, ist trocken und „verfügt“ über besonders karge Böden – die perfekten Bedingungen also für den Anbau der Krokus-Zwiebel. Allerdings braucht es auch etwas Unterstützung von den Landwirten.
In Mund wird Safran auf die älteste und bis heute einzige Art angebaut: von Hand. Die Zwiebeln werden im September gepflanzt und Ende Oktober geerntet, dann werden die Blüten in Handarbeit gepflückt, die tiefroten Safranfäden werden herausgezogen und von einheimischen Landarbeitern zum Trocknen ausgelegt. Während allerdings der Weltmarktführer Iran um 250‘000 kg Safran pro Jahr herstellt, bringt es Mund, der einzige Ort, an dem Safran in der Schweiz immer noch angebaut wird, auf ganze 3 kg.
Aus dem Grund handelt es sich auch um etwas ganz Besonderes, und natürlich ist es teuer! Denn der Preis von Safran liegt höher als der des Goldes. Und das aus gutem Grund, denn normalerweise hat eine Blüte drei, gelegentlich jedoch bis fünf der begehrten Safranfäden, und das bedeutet, man braucht 150 Blumen, um 1 Gramm Safran zu gewinnen. Die Anbaufläche ist klein, etwa 18‘000 Quadratmeter an den sonnigen Hängen rund um das Dorf gelegen. Oft sind es Familiengrundstücke mit nicht mehr als 40 qm. Und während andere Anbauweisen mithilfe von Maschinen oder Computern wirtschaftlicher gemacht werden können, bleibt der Safrananbau in Mund mit seinen seit Jahrhunderten weitergegebenen Handgriffen der alten Tradition fest verhaftet.
Der Safran aus Mund verfügt grundsätzlich über die begehrte Schweizer AOC (kontrollierte Herkunftsbezeichnung), Tatsache aber ist, dass jede Jahresernte immer wieder neu analysiert werden muss, um Qualität und Herkunft zu garantieren.
Aber anders als bei den europäischen und asiatischen Konkurrenten verlässt fast kein Safran aus Mund das Land. Die kleine Erntemenge wird vor Ort in Reis, Brot und sogar in Likören genossen, das Meiste in den Häusern seiner Einwohner und von angereisten Safran-Liebhabern in Munds gemütlichen Restaurants.
Wenn Ihr den Safran aus Mund probieren möchtet, solltet Ihr im Herbst zur Zeit der jahrhundertealten Safranernte anreisen. Dann gehört Ihr zu den wenigen Glücklichen, die das begehrteste und unverwechselbarste botanische Produkt der Schweiz – natürlich direkt nach ihren Spaghetti – geniessen könnt.