Reisen auf dem Sofa zu Hause sind nichts Neues, jetzt aber gibt es virtuelle Reisemöglichkeiten, die uns an Orte bringen können, von denen wir nicht einmal geträumt hätten.
Homers poetische Epen von Helden, die die Meere durchqueren, aber auch Romane, Filme und natürlich die Geschichten, die wir selbst erzählen, hatten schon immer die Kraft, uns praktisch in die fernsten Winkel unserer Welt zu entführen. Diese Geschichten bringen all denjenigen die weite Welt, die ihre Häuser nicht verlassen können und wieder andere werden davon angeregt, selbst zu einem weltweiten Abenteuer aufzubrechen. Heute macht das digitale Internet genau da weiter, wo die Lagerfeuergeschichten von gestern aufgehört haben. Heute können wir unsere eigene virtuelle Reise zusammenstellen, können Museen an den entlegensten Punkten der Welt besuchen, können die Welt mit anderen Augen sehen oder uns mit Orten fernab der ausgetretenen Pfade verbinden.
Wenn Sie zu Hause feststecken oder nach Anregungen für Ihr nächstes echtes Abenteuer suchen, hier finden Sie ein paar einzigartig kreative Quellen für Ihre nächste virtuelle Reise.
Radio Garden
Radio Garden ist ein im Jahr 2013 ins Leben gerufenes gemeinnütziges niederländisches Radio- und digitales Forschungsprojekt. Auf der Webseite können User über den Globus navigieren, sich einen lokalen Radiosender suchen und hineinhören. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, virtuell über den Globus zu gleiten, irgendwo auf einen winzigen grünen Punkt zum Beispiel im Südpazifik zu klicken und zuzuhören, was die Leute auf dieser Insel genau in diesem Moment auch hören: Bossa Nova in Brasilien, Volksmusik in Tschechien und Flamenco in Spanien – natürlich Taylor Swift auf allen Kanälen. Doch Radio Garden ist viel mehr als eine blosse Webseite mit Radiostationen aus aller Welt, sie öffnet uns die Ohren dafür, wie sich „Zuhause“ in anderen Kulturen anhört, fremde Länder kommen uns plötzlich sehr viel vertrauter vo, und wir fühlen uns anderen Menschen sehr viel verbundener.
Accidentally Wes Anderson
Accidentally Wes Anderson (AWA) wurde 2017 in einer kleinen Wohnung in Brooklyn, New York, gegründet und ist inzwischen zu einer Online-Community von über einer Million „Abenteurern“ angewachsen. Die offene Webseite sammelt Fotos realer Orte und Gebäude, die aussehen, als wären sie aus einem Wes-Anderson-Filmset – sie sind bunt, skurril, sorgfältig ausgewählt und voller Details. Darüber hinaus veröffentlicht man hier eigene Stadtführer, um Ihnen dabei zu helfen, diese Orte ganz im Stil von Wes Anderson zu erkunden. Ähnelt Ihr Haus, Ihre Nachbarschaft oder Ihre Stadt zufällig einem Wes-Anderson-Set? Dann los, fotografieren Sie alles und helfen Sie so all denen, die von ihren Sofas aus reisen oder regen Sie andere dazu an, selbst neue Orte zu entdecken.
Mapcrunch Random Street View
Wenn Sie die Adresse kennen, bringt Google Maps Sie hin. Die App hat die Möglichkeiten revolutioniert, Orte zu finden, aber ihre Feineinstellungen machen sie absolut vorhersehbar. Mapcrunch dagegen ist für all jene eine Reise vom Sofa aus, die sich von köstlichen Zufällen anregen lassen wollen. Öffnen Sie die Webseite, und die App trägt Sie auf eine beliebige Strasse irgendwo auf der Welt – auf eine Wohnstrasse in einer mittelmässigen Kleinstadt, eine idyllische Landstrasse bei Sonnenuntergang oder auf eine 16-spurige Autobahn, die in Abgasen erstickt. Wollen Sie mehr? Dann klicken Sie auf GO – und schon finden Sie sich auf einer neuen Strasse wieder, diesmal in Texas, Taiwan oder Timbuktu. Die verschiedenen Strassen, auf die Sie gelangen, sind natürlich nicht unbedingt immer Orte, die Sie auf Ihre Wunschliste setzen möchten, denn der Zufallscharakter von Mapcrunch ist eher eine ironische als eine anspruchsvolle Erfahrung, aber der Zufall hilft Ihnen dabei, etwas darüber zu erfahren, wie der Rest der Welt wirklich aussieht – ungefiltert, unbearbeitet und nicht unbedingt Instagram tauglich.
Virtuelle Museen
Lange Warteschlangen und hohe Eintrittspreise machen den Zugang zu den besten Galerien und Museen der Welt immer mehr zu einem Hindernis, aber genau diese Institutionen haben Besuche dadurch demokratisiert, dass sie virtuelle Erlebnisse für alle zugänglich gemacht haben, die über einen Internetzugang verfügen. Im British Museum können virtuelle Besucher jetzt den Grossen Hof besichtigen und den antiken Stein von Rosetta oder ägyptische Mumien für sich entdecken. Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben,
können Sie mit Hilfe von Google Street View über das berühmte, spiralig angelegte Treppenhaus des Guggenheim Museums schlendern oder Ihre virtuelle Nase auf eine Leinwand drücken und die für Van Gogh Gemälde so typischen dicken Pinselstriche im Van Gogh Museum in Amsterdam zählen
Doch sind diese virtuellen Erlebnisse wirklich so gut wie die echten? Natürlich nicht! Stellen Sie sich einfach vor, Sie sind wirklich und tatsächlich im selben Raum wie die Mona Lisa, machen eine Autofahrt durch Europa, nehmen einen Zug durch Bayern, stehen in einem wirklichen und echten Wes Anderson-Set oder machen Insel-Hopping über mehrere ägäische Inseln. Wir können auf reale Erfahrungen mit all unseren Sinnen und wie sie dadurch stimuliert werden, nicht verzichten. Aber für zwischendurch, wenn wir von all den Trips träumen, die wir machen wollen, sind solche virtuellen Erlebnisse dank unserer ständig sich verbessernden Medien wichtig – und zum Glück – einfacher zu unternehmen denn je. Sogar von Ihrem Sofa oder Sessel aus.