Die bitter-süsse Geschichte von Schweizer Schokolade

Wie zwei Pioniere ein mesoamerikanisches Aphrodisiakum zur beliebtesten Leckerei der Welt machten.

Die Schweiz hat den internationalen Ruf, die beste Schokolade der Welt zu machen. Hier werden 200‘000 Tonnen hergestellt und über 70 Millionen Kilo verspeist – in jedem Jahr. Wie die meisten Menschen auf der Welt, lieben auch die Schweizer ihre Schokolade. Doch sie war nicht immer süss.

Die Ursprünge des Schokoladengenusses gehen Tausende Jahre zurück, der erste belegte Verzehr von Kakao in Mittelamerika datiert im Jahr 1900 vor der Zeitrechnung. Damals wurde die Kakaobohne zusammen mit Chilischoten in einem Mörser zu einem Libido-Booster Getränk zerkleinert – der sichersten bekannten Art, einer Beziehung neuen Pfeffer zu geben. Ihren Weg nach Europa fand die Schokolade dann im 16. Jahrhundert, aber sie wurde meist nur zu medizinischen Zwecken verabreicht – es sei denn, man reservierte sie für die Privilegierten als Aphrodisiakum. Dessen ungeachtet blieb ihr Geschmack jedoch immer noch bitter und eher unangenehm. Schokolade war etwas, das man ertrug, aber noch nicht genoss.

All das änderte sich im ausgehenden 18. Jahrhundert, als der Schweizer Pralinenhersteller Daniel Peter sich mit seinem Nachbarn Henry Nestlé anfreundete, der gerade damit beschäftigt war, aus Milch und Mehl Babynahrung herzustellen. Der ehrgeizige Peter dachte schon seit geraumer Zeit darüber nach, wie er grösseren Einfluss in der Branche gewinnen könnte, denn er wollte Schokolade profitabler machen. Begehrter. Nur wie? Sollte etwa Nestlés Babynahrung genau die Inspiration sein, nach der er suchte? Dieser Gedanke gepaart mit seiner Strebsamkeit inspirierte ihn schliesslich dazu, Kakaopulver mit Milch zu mischen. Es gelang, und so erfand er die erste Milchschokolade der Welt. Daniel Peter schaffte es im Alleingang, einen bitteren Liebestrank allein durch Mischen in eine süsse Delikatesse zu verwandeln.

Aber die Schweizer waren mit ihrer Schokoladenrevolution noch nicht zu Ende. Ein paar Jahre später war es Rudolph Lindt, der die Welt der Schokoladenherstellung abermals von Grund auf revolutionierte, als er herausfand, dass sich der Kakao schliesslich auflöste, wenn man die beiden Komponenten nur lange genug mischte. Die Verlängerung des Mischprozesses machte das Produkt sehr viel weicher, als man es je gekannt hatte. Im Lauf seiner weiteren Verfeinerung der Herstellungstechnik erfand er das Conchierverfahren, das bis heute einer der wichtigsten Teile der Schokoladenherstellung bleibt. Lindts vollkommen neue Art, die Zutaten zu mischen und Daniel Peters neues Rezept standen Paten bei der Geburt der Milchschokolade, wie wir sie heute kennen.

Schon seit ihren Anfängen und lange bevor die Schweizer Pioniere ihr den köstlichen Geschmack entlockten, schätzte man die Schokolade ihrer gesundheitlichen Vorteile wegen. Schokolade hat hohe Anteile an Kupfer, Magnesium und Eisen, sie hilft, den Blutdruck zu senken, stimuliert die Produktion von Endorphinen und vermutlich verbessert sie sogar die kognitive Leistungsfähigkeit. Laut einer Studie aus dem Jahr 2012 erschienen im New England Journal of Medicine gibt es einen Zusammenhang zwischen Schokoladenverzehr und der Anzahl von Nobelpreisen in den untersuchten Ländern. Sollte es möglich sein, dass die Weltmeisterstellung der Schweiz im Verzehr von Schokolade etwas damit zu tun haben könnte, dass sie auch einen der höchsten pro Kopf Anteile von Nobelpreisträgern in der Welt hat?

Darüber sollte man nachdenken. Wenn Sie also das nächste Mal kurz vor einem Examen stehen, vor einer wichtigen Präsentation oder selbst einem romantischen Date, ist es bestimmt kein Fehler ein bisschen Schokolade bei der Hand zu haben. Und vergessen Sie nicht, den Schweizern dafür zu danken, dass sie sie so süss gemacht haben.

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