Eine Schweizer Ikone voller Löcher. Sie ahnen, wovon die Rede ist? Nein, diesmal geht es nicht um Käse. Diese löchrige Ikone ist eine Schweizer Design-Legende: der Landi-Stuhl.
Aber anders als der Käse ist dieser Stuhl auch ohne einen speziellen Soundtrack perfekt gereift. Dank seiner von der Moderne inspirierten Formensprache, seiner Vielseitigkeit und Mobilität wirkt er heute noch genauso frisch wie in den dreissiger Jahren, als er entstand.
Die Geschichte hinter den Löchern
Der leichte, stapelbare und robuste Landi-Stuhl war für eine kleine Revolution in der traditionellen, damals noch etwas behäbigen Schweizer Möbelfertigung. Das begann schon bei den Materialien. Damals kam im Möbeldesign noch kaum Aluminium zum Einsatz, aber für die Schweiz, Erfinderin der Aluminiumfolie (man denke nur an die Toblerone-Schokolade, die seit 1911 in Folie eingewickelt wird), war dieses wiederverwertbare Material eine durchaus naheliegende Wahl.
Das Sitzschalen-Design, das über die Jahre immer wieder Quelle der Inspiration werden sollte (auch für die legendären Stuhldesigner Charles und Ray Eames), war eine Weltpremiere. In einem Land der Temperaturextreme – von den alpinen Höhen bis zu den mediterranen Seeregionen – erfüllte der Stuhl eine Voraussetzung wie kaum ein anderer zur damaligen Zeit: Nicht zuletzt dank seiner 91 Löcher eignet er sich perfekt für den Aussenbereich. Künstlerisch betrachtet, knüpfen die Löcher an die Schweizer Tradition des Stanzens und der industriellen Metallverarbeitung an. Aus gestalterischer Sicht verhindern die Löcher, dass sich Wasser auf der Sitzfläche ansammelt. Sie machen den Stuhl leicht und einfach zu transportieren.
Interessanterweise wurde der Landi-Stuhl nicht von einem Profi-Designer, sondern von einem promovierten Sprachforscher entworfen: Hans Coray lehrte Romanistik an der Universität Zürich. Inspiriert von Hans Fischli, einem Schweizer Designer, der an der Bauhaus-Universität studiert hatte, versuchte sich Coray in den 1930er Jahren in Kunst und Design. Der Landi-Stuhl war 1938 sein erstes Möbeldesign.
Schweizerisch – von Anfang an
Bei seinem Debüt auf der Schweizer Landesausstellung 1939 (der der Stuhl seinen Namen verdankt), war der Landi eine Sensation. Während beim deutschen Nachbarn braune Wolken über der politischen Landschaft aufzogen, entwickelte sich dieser leichte Stuhl zum Symbol für die lebendige künstlerische Moderne in einer unabhängigen Schweiz.
Es geht manchmal nicht um das, was ist, sondern um das, was nicht ist
Der Landi-Stuhl konnte Erfolge verbuchen wie kaum ein anderes Designobjekt: Er wurde zum Design für Designer, zum Stuhl für die, die selbst Stühle entwerfen. Rolf Fehlbaum erzählt, dass auch Charles und Ray Eames Landi-Stühle besassen: Im Gegensatz zu ihren eigenen Modellen eignete sich der Landi-Stuhl perfekt für den Garten.
Mit dem revolutionären Löcher-Design des Landi-Stuhls bewies Hans Coray, dass zuweilen das, was fehlt, genauso wichtig sein kann, wie das, was da ist.