Neue Wissenschaften zur Entlarvung von Kunstfälschungen

Als maskierte Diebe mit unschätzbar wertvollen Juwelen der Frau Napoleons III. auf Mopeds vom Louvre Museum in Paris entkamen, stand die Welt still und schaute zu. Dieses Drama hatte alles: Geschwindigkeit, Spektakel und Schock. Während Diebstähle dieser Art in der ganzen Welt Schlagzeilen machen, sind es tatsächlich die stilleren, indes sehr viel weiter verbreiteten Verbrechen, bei denen es gar nicht darum geht, Meisterwerke zu stehlen, sondern sie zu machen.

Überall in Europa entlarven verschiedene Behörden Netzwerke von Fälschern, die sich über den gesamten Kontinent und in die ganze Welt erstrecken. In Italien zum Beispiel haben Ermittler Ateliers entdeckt, in denen an Fälschungen von Dalí, Bansky und Picasso gearbeitet wurde. Darüber hinaus fand man in einer Wohnung in Rom 70 gefälschte Leinwände, die Rembrandt und Pissarro zugeschrieben werden sollten.

Es handelt sich hier keineswegs um Amateurarbeit, denn die gefälschten Werke sind mit fingierten Zertifikaten, Belegen ihrer Wege durch verschiedene Auktionshäuser und mit Galleriestempeln versehen. Ganz anders als Diebe, benötigen Fälscher weder Leitern noch filmreife Auftritte, die Arbeiten müssen nur echt genug aussehen, damit man sie an eine Wand hängt.

Doch mit der zunehmenden Qualität der Fälschungen müssen auch die Werkzeuge zu ihrer Entlarvung immer anspruchsvoller werden – und einige davon stammen aus der Schweiz.

In Zürich hat die Art Recognition AG eine KI entwickelt, die darauf trainiert wurde (und wird), den unsichtbaren Rhythmus einer Künstlerhand im Akt des Malens zu erkennen. Es bedarf nur einer einfachen Fotografie und schon nach wenigen Tagen liefert das System einen Wahrscheinlichkeitswert für die Echtheit des Werks. Die KI fällt ein von Daten gesteuertes Urteil, für das man früher Monate und die Kenntnisse mehrerer Experten brauchte. Schon mehrmals hat dieses System Zuschreibungen infrage gestellt, die bis dahin als unantastbar galten, darunter beispielsweise das Londoner Gemälde Samson und Delilah, das über lange Zeit fälschlicherweise Peter Paul Rubens zugeschrieben worden war.  

Das in Lausanne ansässige Unternehmen MATIS verbindet die Wissenschaft vom Licht mit der Kunst. Mit Hilfe einer tragbaren Multispektralkamera schaut man unter die Oberfläche des Kunstwerks, so können Pigmente kartiert und verborgene Zeichnungen unter den verschiedenen Farblagen sichtbar gemacht werden. Diese Methode zeigt geisterhafte Skizzen, die genau aufzeigen, ob ein Gemälde echte Inspiration ist oder eine behutsame Fälschung.

An der ETH Zürich, der Eidgenössischen Technischen Hochschule, nehmen Wissenschaftler die Atomgeschichte eines Werks unter die Lupe. Sie messen bei Atomtests im Kalten Krieg entstandene Spurenisotope von Kohlenstoff-14, um auf diese Weise festzustellen, ob die Bindemittel der Ölfarben tatsächlich aus dem 17. Jahrhundert oder aus dem Atelier eines Fälschers aus dem Jahr 1986 stammen. Und obwohl es dieses Verfahren schon seit Jahrzehnten gibt, fürchtete man stets, die untersuchten Kunstwerke könnten durch die Tests Schaden nehmen. Der ETH Zürich gelang es jedoch die für einen Test notwendige Größe einer Probe auf einen winzigen Leinwandstrang oder ein mikroskopisch kleines Farbpartikel zu reduzieren.

All diese Schweizer Test-Innovationen bieten eine praktische Erwiderung auf eine milliardenschwere Fälscherindustrie, indem sie Licht, Daten und Chemie einsetzen, um aufzudecken, was Signaturen und Zertifikate nicht zeigen können.

In einer Ära von Deepfakes, künstlichen Begleitern und Fälschungen von allem und jedem ist Authentizität zum seltensten und höchsten Gut geworden. Doch die hier vorgestellten Schweizer Kunstdetektive zeigen, dass es die Originale gibt, man muss nur wissen, wie man danach sucht.