Das höchstgelegene Bergdorf des Tessin lädt Wanderer ein, die Bergwelt aus einer neuen Perspektive zu erleben. Vergiss die Stepp App auf deinem Telefon und all deine persönlichen Bestleistungen, in Bosco Gurin geht es den Einheimischen vor allem darum, dass du dich entspannst. Und damit das klappt, vermieten sie dir Hängematten.
Im Sommer des Jahres 2021 gründete Zita Sartori das Ggurijnar Hermi Projekt in den Schweizer Alpen. Sie schrieb hier damals an ihrer Master Arbeit und wenn sie eine Pause brauchte, verbrachte sie die in einer Hängematte und hing in den stillen Ecken in dieser Gegend ab. Anstatt aber diese Orte geheim zu halten, kam ihr die Idee zu einem Projekt, von dem Einheimische und Besucher in gleichem Masse profitieren sollten.
Sartori beschloss, die Art ihre Batterien in der freien Natur wieder aufzuladen mit anderen zu teilen, ohne damit in die sie umgebende Natur einzugreifen. Durch die Schaffung von Hängemattenstationen entlang der Wanderwege, können Wanderer – seien sie nun aus der Gegend oder auf der Durchreise – wie immer einen Fuss vor den anderen setzen, aber dabei heute ein neues Ziel vor Augen zu haben: Den Fuss und den anderen dazu nämlich hochzulegen. Ja, und dann?
Das ist die Frage aller Fragen bei diesem Projekt. Was, wenn das Ziel damit erreicht wäre? Was, wenn wir statt die Gipfel zu erstürmen, der Umgebung und der Natur unsere ganze Aufmerksam schenken würden? Und dabei den Geräuschen der Flüsse und Vögel lauschten?
Dabei ist dieser gelassene und sanfte Umgang mit der Schweizer Natur nicht neu. Tatsächlich wurde der Name des Projekts durch den Walser Dialekt inspiriert, der von ursprünglich aus dem Wallis stammenden Siedlern gesprochen wurde, die auf der Suche nach einem einfachen, bodenständigen Leben waren. Die Orte, an denen sie auf ihrer Wanderschaft Rast machten, nannten sie „Hermi“.
Nun rasten wir nicht mehr so, wie es die alten Bewohner damals während der Heuernte taten, aber der Hängemattenweg bietet die Gelegenheit, uns auf uns selbst und auf die Natur zu besinnen und uns vor allem zu entspannen. Das kann so aussehen, dass wir endlich das Buch zu Ende lesen, dass wir schon seit langem unter der Hand haben, dass wir verlorenen Schlaf nachholen oder dass wir unsere Seele einfach mal wieder baumeln lassen.
Wie das geht? Die Anwohner und ihre Traditionen sind ein wichtiger Teil für dieses Projekt. Aus diesem Grund wird es auch auf lokaler Ebene betrieben. An drei Stellen im Dorf kann man leichte Hängematten ausleihen und wieder zurückgeben: In der Bäckerei, dem Walserhaus Museum und im Gästehaus Casa Moni.
Zurzeit gibt es insgesamt 12 Stationen. Einige sind leichter zu erreichen als andere und eigenen sich also besonders für Familien. Wieder andere verlangen dir ein bisschen mehr Aufmerksamkeit ab, bis du dich in deine Hängematte fallen lassen kannst. Doch ganz gleich, für welche Station du dich entscheidest, es kommt aufs Gleiche raus, denn du bist auf dem besten Weg, für dich herauszufinden, was es bedeutet, in der freien Natur einfach abzuhängen.