Von den Namen und der Anzahl der Tage in jedem Monat bis hin zum Jahr selbst ist fast jeder Aspekt unseres Kalenders von verschiedenen Machthabern durcheinandergebracht worden. Das schliesst auch die zehn Tage ein, die man dem Oktober einfach gestrichen hat, und zwar aus folgendem Grund.
Im Zeichen der Waage Geborene müssen damals richtig wütend gewesen sein. Es ist Frühherbst und dein Geburtstag steht vor der Tür, du bist aufgeregt und lässt bei deinen Freunden und deiner Familie das eine oder andere Wort darüber fallen, was du gern zum Geburtstag hättest – du weisst schon, vielleicht ein silbernes Ohrenschmalzlöffelchen, einen Wildschweinspiess aus den Pyrenäen oder ein Dutzend lebender Wachteln im Käfig. Und genau da bekommst du die Nachricht: Im Jahre des Herrn 1582 wurde dein Geburtstag gerade gestrichen. Ein ganzes Drittel des Monats Oktober wurde gestrichen. Heute ist Donnerstag der 4. und morgen – klar – Freitag der 15. Für eine Waage wie dich erzeugt das ein geradezu gefährliches Ungleichgewicht. Und die Schuld an allem trägt der Papst.
Natürlich war es nicht das erste Mal, dass eine höhere Macht mit dem Kalender rumgemacht hat. In gewisser Weise sind Kalender schon immer die Spielzeuge von hohen Priestern und Königen gewesen. Römische Kaiser benannten die Monate nach sich selbst und spielten mit der Anzahl ihrer Tage herum: ein extra Tag für Julius im Juli und noch einen für Augustus im August. Tatsächlich hat uns der unter dem ursprünglichen Caesar eingeführte julianische Kalender die letzten vier Monate beschert, die um zwei Stellen verschoben sind, denn September bedeutet siebter und nicht neunter und Dezember bedeutet zehnter und nicht zwölfter.
Doch springen wir ins Jahr 1789, als die aufgeklärten Revolutionäre der Französischen Revolution zwar ihren König köpften, aber weiterhin fest den Fussstapfen eines Kaisers folgten, denn sie kopierten Caesars unsystematischen Kalender, arbeiteten aber daran, eine vollkommen neue, dezimale Version zu erschaffen. Alle, auch die von den römischen Kaisern umbenannten Monate, sollten in jeweils drei zehntägige Wochen unterteilt werden. Die 5 oder 6 Tage aber, die am Ende eines jeden Jahres übrigblieben, liessen sie einfach hängen. Während allerdings diese dezimale Veränderung bei Entfernungen (dem Meter) und Gewichten (dem Gramm) funktionierte, bedeutete sie für die Zeit leider keine dauerhafte Lösung – und Napoleon tönte diesem republikanischen Kalender kurz nach dem Beginn seiner kaiserlichen Herrschaft ein herzhaftes Adieu hinterher.
All das klingt eigentlich recht kapriziös, aber im Grunde bemühten sich viele dieser hochrangigen Kalender-Reformer nur darum, ein Rätsel zu lösen, das so alt ist wie die Zeit selbst: Wie gestaltet man einen einfachen, brauchbaren und gleichbleibend genauen Kalender, wenn unser alljährlicher Trip um die Sonne sich einfach nicht mit den Grundregeln der Mathematik vereinbaren lässt?
Die Natur widersetzt sich einer simplen Quantifizierung. Das Sonnenjahr hat 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden – oder aufgerundet 356 Tage und 6 Stunden. Und während der ersten anderthalbtausend Jahre, nachdem Caesar den julianischen Kalender eingeführt hatte, wurde in Europa fleissig aufgerundet. Doch Papst Gregor XIII. fand heraus, dass ein akzeptabler Rundungsfehler von 11 Minuten und 14 Sekunden pro Jahr im Lauf vieler Jahrhunderte sehr wohl einen gewaltigen Unterschied ausmacht.
Im Jahr 1582 war der Kalender 10 volle Tage von dem astronomisch fixierten Frühlingsäquinoktium entfernt, wie es in der nördlichen Hemisphäre zu beobachten ist. Daraus folgte, dass Ostern nach den komplizierten Berechnungen zur Festlegung der Daten beweglicher Feste drohte, bald in den Sommer zu fallen. Aus diesem Grund brachte Gregor den Kalender auf Anraten seiner gelehrten Berater auf den richtigen Stand, indem er den guten Leuten des Jahres 1582 einen Zeitsprung von 10 Tagen in die Zukunft bescherte.
Die neuen Regeln dieses „verbesserten Kalenders“, der seitdem fast überall auf der Welt den Namen Gregorianischer Kalender trägt, sehen für jeweils 400 Jahre 97 Schaltjahre vor und schaffen so ein einfaches, wiederholbares System, das Ostern – und alle anderen unserer Feiertage – mehr oder weniger an derselben Stelle verankert.
Und während ein paar unglückliche Waagen damals die Abschaffung ihrer Geburtstage beweinten, so waren doch sicher viele froh zu sehen, dass Gregors päpstliche Anordnung in jenem Jahr offiziell 10 Tage Miet- und Schuldenzahlungen übersprang. In katholischen Ländern wie Spanien, Italien und Frankreich ging die Umstellung schnell und widerstandslos vonstatten.
Nachdem man jahrhundertelang daran herumgepfuscht hatte, stimmt gewiss immer noch recht viel nicht mit unserem Kalender. Aber es war ein kühner Schritt, im 16. Jahrhundert kurzerhand 10 Tage zu streichen, was dazu beigetragen hat, dass wir heutzutage so viel mehr richtig machen können.