Beatriz Barros aus Porto in Portugal ging noch zur Universität, als sie die Papeterie-Marke mishmash gründete. Heute sind ihre eleganten, minimalistisch gestalteten Notizbücher online und in Schreibwarengeschäften überall auf der Welt erhältlich. Sie sprach mit uns von ihrem kleinen, von gläsernen Wänden umgebenen Geschäftsraum in Porto aus, der als Hauptsitz der Firma, als Lager und Verkaufsraum dient und wo die kreativsten Ideen ihres Teams natürlich auf Papier entstehen.
Was hat dich dazu gebracht, eine Schreibwarenmarke zu gründen?
Mein Grossvater führte hier in der Stadt einen Schreibwarenladen, er war klein, aber nicht zu klein – denn damals gab es nicht sehr viele Einkaufszonen in Porto. Nach der Schule habe ich fast meine ganze Zeit in dem Laden verbracht und in der Weihnachtszeit habe ich beim Einpacken von Geschenken geholfen.
Du wolltest also die Familientradition fortsetzen?
Nicht wirklich. Ehrlich gestanden war die Erfahrung so natürlich für mich, dass ich das alles nicht einmal als eine Beeinflussung betrachtete, das war sogar noch so, als ich die Marke mishmash entwickelte. Ich war immer schon sehr künstlerisch veranlagt und als Kind habe ich stets kleine Stücke aufgeführt. Wenn ich heute darüber nachdenke, kann ich nur sagen, meine Kindheit war mit viel Tagträumerei gesegnet.
Ich habe mishmash gegründet, als ich noch an der Uni war und meinen Master in Design machte. Aber durch die Gründung war ich so aufgedreht, dass ich den Master irgendwann total vergessen hatte. Als ich fünf Jahre später an die Uni zurückkehrte, um den Master endlich abzuschliessen, ging es nicht mehr um die theoretische Schaffung einer Marke, es war eher eine genaue Untersuchung der Marke, die ich tatsächlich schon geschaffen hatte. Übrigens war meine Magisterarbeit wahrscheinlich einzigartig, denn sie enthielt keine Abbildungen und bestand ausschliesslich aus Text. Es gab die Marke ja, also musste ich sie nicht mehr zeigen, ich musste sie erklären und konzentrierte mich also auf alles, was hinter den Kulissen ablief.
Wie erklärst du also mishmash? Was ist deine Unternehmensphilosophie?
Alles begann als Experiment und eigentlich ist es genau das, was wir immer noch tun, bei uns ist nichts in Stein gemeisselt. Wir beschäftigen uns damit, die Vorstellungen davon zu erweitern, was Bürobedarf und Schreibwaren sein können… jedenfalls hat alles so begonnen. Die Mehrheit unserer Kunden steht komischen Produkten und neuen Ideen schon immer sehr aufgeschlossen gegenüber. Wenn man aber erfolgreich sein will, geht es in Wirklichkeit darum, Produkte zu schaffen, die sich kommerzialisieren lassen.
Uns ist klar, dass Standardprodukte in ganz bestimmten Formen existieren, aber wir versuchen, den Menschen zu zeigen, dass das nicht unbedingt so sein muss. Die Form, die diese alltäglichen Produkte annehmen, hat grosse Auswirkungen auf unsere Schaffenskraft und unsere Kreativität.
Wie?
Denk einfach an unsere digitalen Werkzeuge wie Adobe Photoshop oder ein iPad, um Skizzen anzufertigen. Diese Werkzeuge sind uns wegen der Möglichkeiten wichtig, die sie unserer Kreativität bieten, und wir sind oft genug bereit, zum Beispiel für einen Apple sehr viel mehr zu zahlen als für einen anderen Computer.
Woher stammt der Name mishmash?
Mir war immer schon klar, dass ich nicht nur Papierprodukte herstellen wollte, sondern alles, von sehr kleinen Büroartikeln wie kleine Haftnotizzetteln über grosse Kalender im A3 Format und vielleicht sogar eines Tages Büromöbel. Das Wort Mischmasch bedeutet ja auch auf Deutsch eine Mischung aus vielen verschiedenen Dingen unterschiedlicher Art, für mich heisst es so etwas wie „vielseitig verwendbare Büroprodukte“. Solange ich mich darauf konzentriere, gibt mir dieser Name die Freiheit, an vielen verschiedenen Dingen zu arbeiten.
Was ist dein Lieblingsprojekt?
Das ist schwer zu sagen, aber ich würde sagen die, Naked collection. Sie ist sehr minimalistisch und sieht so aus, als hätte es kaum Aufwand erfordert, das alles zu schaffen. Aber um die „opens flat“ zu machen und viele andere Details dieser Produkte, müssen wir viele verschiedene Prozesse entwickeln und mit einer Menge Lieferanten sprechen. Minimalistische Produkte haben oft eine lange Hintergrundgeschichte.
Natürlich ist das Papier wichtig, aber was ist mit den Stiften, um darauf zu schreiben?
Wir achten sehr darauf, dass zum Papier der richtige Stift passt und es hat uns sehr gefreut, dass es unseren Kunden ebenso geht. Wir haben sogar eine Seite auf unserer Webseite gemacht, auf der wir auf unsere Kundenwünsche eingehen können. Wir führen zahlreiche Tests zur Transparenz des Papiers durch, zu seiner Tintendurchlässigkeit und zum sogenannten feathering – wenn das Papier zu rau für die Tinte ist und sich darum winzige Kapillaren in der Form von Federn bilden. Wir bemühen uns ständig darum, unseren Kunden das beste Schreiberlebnis zu bieten.
Und jetzt hast du deine eigenen Stifte, nicht?
Ja! Alles begann mit Canvas Pens, die wir schufen, weil sich bei uns immer mehr Kunden nach einem minimalistischen Stift erkundigten. Es ist ein eindeutiger Gewinner, und wir verkaufen jede Menge davon. Darum haben wir jetzt einen neuen entwickelt.
Eclipse Pens.
Genau. In Zusammenarbeit mit Prodir haben wir Eclipse Pens entwickelt. Wir haben viele verschiedene Farben und Stile ausprobiert, aber für den Moment beginnen wir mit nur zweien: Seashell und Schwarz.
Hat Portugal einen grossen Einfluss auf mishmash gehabt?
Unser gesamtes Netzwerk von Lieferanten ist portugiesisch, und wir haben unsere Wurzeln hier, natürlich beeinflusst uns das Land in sehr Vielem. Ich muss allerdings auch sagen, dass wir eine grössere Verbundenheit mit Nordeuropa haben als die meisten unserer portugiesischen Freunde – nicht nur in Bezug auf unseren Stil, sondern auch auf unsere Prozesse. Aber natürlich ist unsere gesamte Produktion 100 % lokal, und wir stehen unseren Lieferanten sehr nahe, ganz gleich, ob sie aus Porto sind oder aus dem unweit gelegenen Matosinhos stammen.
Ist Papier nachhaltig?
Papier ist ein zu 100 % wiederverwendbares Produkt, wahrscheinlich ist es eins der am leichtesten zu recycelnden Dinge, was bedeutet, dass wir im Vergleich mit anderen Industrien eine ziemlich gute Ausgangsposition haben.
Einerseits ist es wahr, dass sich heute alles um Nachhaltigkeit dreht, was viele aber nicht wissen, ist, dass 100 % recyceltes Papier andererseits etwas teurer sein kann, dass es eine gräuliche Färbung hat und dass es rau ist, was bedeutet, dass es sich nicht sehr gut für Füller oder schwere Tinten eignet. Unsere Lieferanten sind heute fast ausschliesslich vor Ort. In der Vergangenheit sind wir für einige Produkte, die wir in Europa nicht finden konnten, bis nach Asien gegangen, aber inzwischen haben wir unsere Sichtweise auf die Produktentwicklung verändert und denken nur noch über Produkte nach, die wir in Portugal herstellen können. Genau so steht es in den Regeln auf unserer Webseite, wir sind stets bemüht, es besser zu machen.
Es stimmt doch, dass ihr auch direkt mit Unternehmen zusammenarbeitet?
Wir arbeiten viel für Unternehmen und helfen ihnen, Produkte zu entwickeln, die sie schon immer herstellen wollten. Schau dir unsere Webseite an, und du stellst fest, dass es keinen Konfigurator gibt. Wir entwickeln für jeden Kunden vollkommen einzigartige Produkte und gehen ausschliesslich von ihren Vorgaben aus. In letzter Zeit arbeiten wir mit vielen Kunstmuseen buchstäblich überall in den USA von New York City bis Honolulu zusammen. Ich glaube, es gefällt unseren Kunden, dass sie es nur mit mir und einer Handvoll Leute zu tun haben und nicht mit einem grossen Unternehmen.
Zum Abschluss noch die Frage: Welchen bleibenden Wert hat Papier im digitalen Zeitalter?
Wir sind die Ersten, wenn es darum geht zuzugeben, dass uns digitale Werkzeuge sehr helfen – ohne sie hätten wir mishmash nicht zu dem machen können, was es heute ist. Aber wenn man kreativ arbeitet, als Architekt, Designer, Autor oder wie auch immer, wenn man kreativ sein muss, bleibt es immer etwas ganz Besonderes, Ideen auf Papier zu bringen. Papier ist eins der wenigen Dinge, das meine Gedanken beflügelt.
Wenn wir über neue Produkte nachdenken, gestalten wir sie immer zuerst auf Papier. Jeder Mensch hat seine eigene Arbeitsweise, aber ich glaube, die meisten Kreativen beginnen mit Papier. Es muss gar nicht mal eins der wunderschönen mishmash-Produkte sein – ein Stück Schmierpapier tut‘s auch! In dieser Vorgehensweise steckt ein gutes Stück Power. Selbst wenn wir etwas speziell für den digitalen Bereich erstellen wie Webseiten oder Fotoshootings, immer beginnen wir auf Papier. Es hilft uns, unsere Gedanken zu ordnen und ist effektiver, wenn wir es schliesslich digital umsetzen.
Vielen Dank für das Gespräch, Beatriz.