Auf Google und Trip Advisor hat es eine durchschnittliche 5-Sterne-Bewertung und über 8‘000 positive Besprechungen bekommen. Aber wie viele von diesen Matterhorn-Superfans wissen eigentlich, dass sie nicht nur einen der höchsten Gipfel Europas feiern, sondern auch einen der höchsten Afrikas?
Kommen wir ohne Umschweife zum Thema: Das Matterhorn liegt in Afrika. Natürlich nicht auf dem afrikanischen Kontinent, denn ganz gleich, wie einfach es auch scheinen mag, es heutzutage zu überqueren, zwischen den beiden Kontinenten liegt immer noch das Mittelmeer. Aber plattentektonisch liegt dieser ikonische Schweizer Berg auf der afrikanischen Platte oder noch besser: Er ist aus ihr entstanden.
Oder zumindest die letzten 1‘000 Meter – ungefähr. Was, aber das sei nur nebenbei erwähnt, wohl seine berühmtesten Meter sind, denn sie machen den symmetrischen, pyramidenförmigen, kompassorientierten und äussergewöhnlich fotogenen Gipfel des Bergs aus. Alles was darunter liegt, ist in Europa. In der Schweiz, um ganz genau zu sein. Aber all das bedeutet natürlich auch, dass die Schweiz eine gemeinsame Grenze mit Frankreich, Italien, Österreich, Deutschland, dem kleinen Liechtenstein – und Afrika – hat.
Alles begann vor etwa 30 Millionen Jahren, als Afrika und Europa noch jeweils unter anderen Namen bekannt waren: Gondwana und Laurasia. Sie schlossen sich in der Mitte unseres turbulenten, geologisch fruchtbaren Känozoikum-Zeitalters zusammen, das über 60 Millionen Jahre dauerte, und aus der die Schweizer Alpen, aber auch das marokkanische Rif Gebirge, die Pyrenäen, der italienische Apennin, die Dinarischen Alpen auf der Balkanhalbinsel, die Karpaten, das türkische Taurusgebirge, der Kaukasus, der Hindukusch und der Himalaya hervorgingen – um nur ein paar der Wichtigsten zu nennen.
Aber als sich Gondwana und Laurasia begegneten, war es geologisch gesprochen Liebe auf den ersten Blick. Im Kontext der mehrere Milliarden Jahre umfassenden geologischen Zeitskala unserer Erde, während der die Kontinente über den gesamten Erdball tänzelten, ist die Begegnung und das Liebeswerben von Gondwana und Laurasia nichts weiter als eine flüchtige Episode – allerdings eine für uns sehr bedeutsame.
Zusammen haben sie die Alpen von Frankreich bis nach Slowenien wie mit einem Bulldozer zusammengeschoben. In diesem Prozess wurde afrikanisches Gneisgestein auf europäisches Sedimentgestein gewälzt und auf diese Weise entstand das Matterhorn – obschon es noch Jahrtausende der Erosion und Vergletscherung bedurfte, um sein berühmtes Profil zu gestalten. Und nach all dieser Zeit bleibt das Matterhorn immer noch der sechsthöchste Berg Europas diesseits der Karpaten – und der zwölfthöchste Berg Afrikas.
Ohne die Alpen würde es die Schweiz überhaupt nicht geben. Und das bedeutet an sich, dass wir all unsern Schweizer Käse, unsere Tunnel und unsere Liebe für die frische Luft nicht wenig unserem kontinentalen Nachbarn im Süden zu verdanken haben. Wenn ihr also das nächste Mal die erstaunlichen 4‘500 Meter des Matterhorns besteigt, durchwandert oder einfach nur bestaunt, denkt daran, den Kräften ein Dankeschön zu sagen, die dabei halfen, es zu erschaffen – und das den ganzen Weg von Afrika aus.