Bis zum Jahr 2050 wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln um 56% steigen. Um diese Herausforderung bewältigen zu können, arbeiten Organisationen überall auf der Welt daran, Massnahmen zum Schutz einer Vielzahl verschiedener Saatgüter zu ergreifen, die eine nachhaltige und nahrhafte Zukunft für alle Menschen gewährleisten sollen.
Auf einer abgelegenen norwegischen Insel irgendwo in der Arktis gibt es eingebettet in den Felsen eines Berges eine hochmoderne Lagerstätte, die unter dem Namen ‚The Svalbard Global Seed Vault’ (Der globale Saatguttresor von Svalbard) bekannt ist. Manchmal wird sie auch ‚Die Gruft des Jüngsten Gerichts‘ genannt. Das Lager wurde angelegt, um die weltweite Pflanzenvielfalt über Jahrhunderte hinweg zu schützen und im Falle einer Katastrophe als eine Art von „Backup“ der Nahrungsmittelversorgung der Welt zu dienen. Dicke Betonwände schützen über eine Million Saatgutarten aus fast jedem Land der Erde und es gibt Raum für weitere Millionen.
Obwohl der globale ‚Saatguttresor von Svalbard’ eine der weltweit grössten und bekanntesten Saatgutbanken ist, die einzige ist sie indes nicht. Das Konzept für eine derartige Anlage existiert seit dem frühen 20. Jahrhundert und es finden sich heute überall auf der Welt mehr als 1‘700 weitere. Und diese Zahl soll weiter wachsen, denn politische Unruhen, wirtschaftlicher Abschwung und der Klimawandel zwingen die Menschen, sich zunehmend auf Lebensmittelverknappung und eine Stabilisierung der Landwirtschaft zu konzentrieren.
Das ICARDA Forschungszentrum ist eine Organisation, die eine wichtige Rolle in der Entwicklung einzigartiger genetischer Stämme spielt, die an unwirtliche Umgebungen angepasst werden sollen. Der Schwerpunkt auf ‚Trockenlandwirtschaft‘ macht ihre Arbeit besonders interessant für solche Länder, die nachhaltige landwirtschaftliche Anwendungen einführen wollen, die gegen den Klimawandel resistent sind. Der Hauptsitz der Organisation liegt im Libanon, aber ursprünglich wurde sie in den 1970er Jahren in Syrien gegründet, bevor der Krieg sie 2012 zum Umzug auf die andere Seite der Grenze zwang. Unglücklicherweise gingen während dieses Umzugs einige Saatgutproben verloren, die jedoch dank der Zusammenarbeit mit dem globalen ‚Saatguttresor von Svalbard’ später wieder ersetzt werden konnten, man lieferte von dort Ersatzsaaten aus dem Lager in Norwegen.
Leider hat sich seit dem Beginn der ICARDA Genbank-Mission die Situation im Libanon dramatisch verändert. Seit 2019 befindet sich das Land in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, die hohe Warenkosten, grosse Arbeitslosigkeit und den Verfall der Währung zu Folge hat.
Angesichts dieser Turbulenzen haben die Menschen des Libanon sich der Herausforderung gestellt und innovative Lösungen für Nahrungsmittelverknappung und den Mangel von Ressourcen gefunden. Zusammen mit der lebenswichtigen Arbeit von Organisationen wie ICARDA senden urbane Landwirtschaft und Gemeinschaftsgärten die optimistische Nachricht, dass angemessene Nahrungsmittelversorgung und Wiederaufbau in Reichweite liegen. Es sind diese andauernde Anpassungsfähigkeit und der Wunsch, aufs Land zurück zu kehren, die uns selbst in den dunkelsten Zeiten daran erinnern, dass Hoffnung noch in den kleinsten Dingen gefunden werden kann: Einem Samenkorn.