Zincarlin: Der fast vergessene Käse

Es wurde sogar schon mal zur Schweizer Landschaft des Jahres gekürt. Das brachte zwar ein wenig Aufmerksamkeit, aber auch nur für kurze Zeit. Wie immer, wenn es um das Valle di Muggio geht, würden manche sagen. Das Tal ist der ewige Geheimtipp unter den Tessiner Bergtälern, versteckt im südlichsten Zipfel des Tessins gelegen, weitgehend unberührt und wunderschön. Und mit einem sehr geschmacksintensiven , der so authentisch ist, wie das Tal.

Luxus darf man nicht erwarten. Denn hier ist es noch lebendig, das wilde Tessin, wie man es sich bei der Lektüre von Hesse vorgestellt hat: Das Tessin der stolzen Berge, der dichten Wälder, der lichten Weiden, sonnigen Haine und lieblichen Hänge, an denen urige Dörfer wie Schwalbennester kleben. Man kommt, um zu wandern oder auf den schmalen Strassen und Bergpfaden Fahrrad zu fahren und die Mühlen entlang der Breggia zu bestaunen, und natürlich die Nevere, jene steinernen Kühlschränke an den Hängen des Monte Generoso, in denen die Bewohner früher auch im Sommer Milch und Käse kühl lagern konnten.

Melkwerkzeug aus dem Valle di Muggio

Gourmets kommen, um den berühmten Zincarlin de la Val da Mücc zu probieren. Noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts war seine Herstellung ein wichtiger Teil der Talwirtschaft.
Aber als viele Bewohner in den 50er Jahren nach Mendrisio und Chiasso abwanderten, ging auch die Tradition der Herstellung des Zincarlin fast verloren. Die verbliebenen Käser verlegten ihre Aktivität auf die weniger aufwändige Produktion von Frischkäse, die Formaggini. Wenn überhaupt, wurde der Zincarlin noch für den Eigengebrauch hergestellt und geriet so fast in Vergessenheit, bis 2004 die Stiftung Slow Food den Käse für ihre Arche des guten Geschmacks entdeckte und die Herstellung mit lokalen Käsereien und kleinen regionalen Milchbauern wiederbelebte.

Der Zincarlin de la Val da Mücc besteht weitgehend aus roher Kuhmilch, was seine Herstellung anspruchsvoll macht. Während der Saison wird die Kuhmilch mit Ziegenmilch
ergänzt. Die geronnene Milch lässt man 24 Stunden abtropfen, nach weiteren 24 Stunden wird sie gepresst, mit Salz und Pfeffer gewürzt und dann von Hand geformt. So bekommt er seine typische Form einer auf dem Kopf stehenden Tasse. Die Reifung im kühlen Naturkeller am Fusse des Monte Generoso dauert zwei Monate. In dieser Zeit wird der Käse täglich mit Weisswein beträufelt.

Das Ergebnis ist eine würzige Köstlichkeit mit grau-rötlicher Rinde und intensivem Geschmack. Isst man ihn mit etwas süssem Honig, kommt seine dezent pfeffrige Note besonders gut zur Geltung. Auch mit etwas Rotweinessig und Olivenöl schmeckt er himmlisch. Am besten aber passt er zu Risotto und Polenta, den einfachen Gerichten der Tessiner Küche, die man mit einem Glas gutem Merlot in den Grottos des Muggiotals geniessen kann.

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