Männer können nicht zuhören und Frauen schlecht einparken. Und das ist auch nicht schlimm, denn alles hat seine biologischen Gründe. Solche Thesen machen Bücher zu Bestsellern und Filme zu Blockbustern.
Aber was ist dran? Einem klassischen Gemeinplatz ist der auf taktile Erfahrungen spezialisierte Neurowissenschaftler Daniel Goldreich einmal nachgegangen: dem vom Fingerspitzengefühl der Frauen.
Stimmt es, dass Frauen eher mehr und Männer eher weniger Fingerspitzengefühl haben? Goldreich wollte herausfinden, was hinter dieser so perfekt in alle Schablonen passenden Vermutung steckt und führte mit 50 Testpersonen eine umfassende Studie durch. Das überraschende Ergebnis? Frauen haben tatsächlich mehr Feingefühl, nur ist dabei völlig irrelevant, dass sie Frauen sind.
Die Natur stattet Menschen vergleichbaren Alters mit der gleichen Zahl an Nervenzellen in den Fingerspitzen aus, egal ob sie Männer oder Frauen sind. Niemand wird nur wegen seines Geschlechts benachteiligt. Trotzdem gibt es Unterschiede. Denn die hochsensiblen Zellen sitzen auf kleinen Fingern dichter beieinander als auf grossen Fingern: dieselbe Anzahl wird auf einer kleineren Hautoberfläche verteilt. Kleine Finger nehmen deshalb feinere Strukturen wahr und schicken detailliertere Bilder ans Gehirn.
Wenn die Studie also bestätigt, dass Frauen im Durchschnitt ein besseres Fingerspitzengefühl haben, dann deshalb, weil ihre Finger im Durchschnitt kleiner sind. Goldreich lüftet also nicht nur das Geheimnis des weiblichen Feingefühls. Er betreibt auch die Ehrenrettung des kleinhändigen Manns.
Bei allen anstehenden taktilen Entscheidungen wie beim Stoff des neuen Sofas und dem Lenkrad-Berührungs-Test beim Autokauf sollten Sie daher erst prüfen, wer unter allen Entscheidungsträgern die kleineren Hände hat. Und wenn Sie bei einem Mann taktile Sensibilität schätzen, schauen Sie sich am besten seine Finger genauer an.
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